Klein-Doris war Lises Erstgeborene und allein deswegen schon etwas ganz besonderes. Sie war ein Hundemädchen mit einem Geburtsgewicht von fast 200 Gramm und eine ganz besonders hübsche Maus. Mit Ihren vier Geschwistern hielt sie Erstlings-Mama Lise schön auf Trapp – Säugen, Putzen, Säugen, Putzen und nur kurze Pausen. Nach kürzester Zeit hatten sich Mutter und Welpen aber tiptop eingespielt und meisterten die anstrengenden ersten Tage ganz wunderbar.
Jeden Abend wird jeder Welpe gewogen und das Gewicht akribisch notiert. In der Regel verdoppeln sie ihr Geburtsgewicht in ca. 7 Tagen. Wenn also der Welpe kontinuiertlich zunimmt, ist alles in bester Ordnung – die Mutter hat genug Milch, das Gesäuge ist nicht entzündet, der Welpe trinkt gut. So soll es sein.
Anfangs lief alles bestens. Na ja, gut … an den ersten beiden Tagen nahm die kleine Doris je 20 Gramm zu. Das war zwar auch schon nicht viel, aber nicht direkt unnormal. Aber am Ende des dritten Tages fiel auf, dass Klein-Doris den ganzen Tag lang kein einziges Gramm zugenommen hatte. Die anderen vier hatten wieder ordentlich zugelegt und wuchsen und wuchsen … nur Doris nicht.
Ich war sofort aufgeschreckt! Was war da los? Alle nehmen gut zu, nur eine Hündin nicht? Und zwar überhaupt nicht?! Alarmstufe rot!
Sofort habe ich Doris beim Trinken abgeschirmt, dass sie durch ihre Geschwister nicht von der eroberten Zitze verdrängt werden kann. Ich habe sie gezielt an eine gut angesaugte Zitze angelegt. Doris hängte sich an die Zitze und saugte. Ich kraulte sie immer wieder wach, wenn sie beim Saugen einzuschlafen drohte. Ich war guter Dinge, und war schon ganz gespannt auf das abendliche Wiegen. Die Enttäuschung war groß, denn der ganze Tag permanentes Kümmern hat ganze 5 Gramm Gewichtszunahme gebracht. Ihre Geschwister marschierten stramm auf die 400 Gramm zu, nur Klein-Doris war lediglich von 245 Gramm auf 250 Gramm geklettert.
Doris war immer zufrieden gewesen, hat nie gejammert. Sie hat sich immer an ihre Geschwister gekuschelt oder sich unter Mamas Gesäuge geschoben. Wenn der allgemeine Hunger ausbrach, robbte sie gemeinsam mit ihren Geschwistern zu Mama und schob sich dazwischen. Ihr Verhalten war in keinster Weise auffällig. Man musste schon genau drauf achten, dann erst fiel es auf. Sie interessierte sich immer weniger für die Futterquelle. Wenn sie eine Zitze erwischt hatte, rutsche sie schnell ab und war dann auch nicht mehr interessiert, so gut wie kein Saugreflex. Nichts zu erkennen von der unbändigen Gier, die Welpen manchmal wie kleine Piranhas erscheinen lassen.
Unverzüglich machte ich einen Tierarzttermin für den folgenden Tag. Um über die Nacht zu kommen und vielleicht etwas aufzuholen machte ich Welpenmilch fertig und versuchte beizufüttern. Bei den ersten Versuchen zierte sie sich noch sehr, aber ich war überzeugt, wenn sie erst einmal gemerkt hat, wie leicht und lecker Trinken aus der Flasche sein kann, wird es bald super laufen und wir haben die Lösung gefunden. Aber sie wehrte sich und saugte einfach nicht!

Die Tierärztin untersuchte Doris ganz genau. Im Ultaschall waren alle Organe in Ordnung, an der richtigen Stelle, anständig ausgereift, Nieren, Leber, Herzchen, Lunge … alles genau gecheckt. Nichts zu finden. Die Hoffnung, sie mithilfe einer Magensonde ernähren zu können, erfüllte sich nicht, denn die kleine Hündin schluckte die Sonde nicht, sondern hustete sie immer wiede heraus.
Als letzten Versuch bekam die kleine Doris zwei Spitzen, einen Booster und Vitamine. Dies sollte ihre Lebensgeister wieder wecken. Das Füttern sollte ich nun mithilfe einer Spritze mit Tülle probieren.

Der folgende Tag ließ mich hoffen. Die Spritzen taten ihre Wirkung. Allerdings schaffte ich es nicht, Doris selbst kleinste Mengen einzuflößen. Sie KONNTE einfach nichts schlucken! Und einen Saugreflex hatte sie auch nicht. Sie tat immer so, als würde sie schlucken (wahrscheilich mir zuliebe), aber es kamen immer nur klitzekleine Mengen im Magen an. Kaum bei 280 Gramm angekommen, waren es Stunden später wieder nur noch 274 Gramm. Es war einfach aussichtslos!
Lise pflegte und putze ihre kleine Tochter nach wie vor liebevoll. Sie kümmerte sich die ganze Zeit unermüdlich.
Doris wurde wieder sehr schwach. Ich traf dann schweren Herzens die Entscheidung, vor der sich jeder Züchter fürchtet. Ich entschied mich, sie nicht weiter mit den Fütterungsversuchen zu quälen. Sie hat die letzte Nacht ganz in Ruhe verbracht, kuschelig warm, regelmäßig liebevoll geleckt – einfach nur schlafen.
Heute früh waren wir wieder bei der Tierärztin. Wir haben der kleinen Doris geholfen, in den Hundehimmel 🌈 zu gehen.
Es war sehr, sehr, seeehr traurig. Auch hier und jetzt, da ich diesen Bericht schreibe, kullert das eine oder andere Tränchen. Aber das ist das Los des Züchters. Damit muss man einfach rechnen. Wir bringen die Welpen ins Leben, und manchmal läuft es unglücklich und wir müssen die kleinen Seelchen 🤍 gehen lassen.
Unser Kampf dauerten vom 3. bis zum 8. Tag. Dann hatten mussten wir aufgeben.
Die Tierärztin – versiert in allen Belangen des Zuchtgeschehens und mit reichem Erfahrungsschatz – vermutet aufgrund des fehlenden Saugreflexes als Ursache einen Defekt im Bereich Nerven oder Gehirn.
Bei aller Trauer weiß ich aber ganz genau, ich habe alles versucht! Es waren schlimme, aufreibende Tage. Aber nun schaue ich wieder frohen Mutes nach vorne und freue mich über vier proppere, fidele und absolut fitte Welpen. Außerdem bin ich froh und dankbar, dass es meiner Lise so gut geht!
Es hört sich ein wenig abgedroschen an, aber es stimmt nun einmal trotzdem: Freud und Leid liegen ganz nah beieinander! Wohl wahr!
Es war für mich immer selbstverständlich, dass alles gut läuft. Erst seit den letzten Tagen weiß ich zu würdigen, welch großes Glück ich die ganzen Jahre hatte! Danke dafür!